Asien ist heute ein geopolitisches Schwergewicht. Dies hat man auch in Deutschland erkannt. Unser institutioneller Instrumentenkasten ist gut sortiert. Dies betrifft auch Subregionen wie Südostasien und konkret Länder wie Vietnam. Die Deutsch-Vietnamesische Gesellschaft e.V. versteht sich als überparteiliche, zivilgesellschaftliche Beratungsplattform, sie hat sich eine Intensivierung der bilateralen Beziehungen zum Ziel gesetzt. Man wird im deutsch-sprachigen Raum schwerlich eine Organisation finden, die über so viel Schwarmwissen zu Vietnam verfügt wie die DVG. Mit der Asienbrücke e.V., die ein sehr viel umfangreicheres geographisches Mandat hat, ist die DVG in enger, vertrauensvoller Partnerschaft verbunden. Beide Organisationen ergänzen sich, die Zusammenarbeit bietet konkreten Mehrwert für beide Akteure.
Die DVG kann seit ihrer Gründung 1991 auf beeindruckende Leistungen zurückblicken. Ihre Expertise ist weit gefächert, im Vorstand der DVG finden sich Rechtsanwälte, Steuerberater, Universitätsprofessoren, Wirtschaftsvertreter, Publizisten, Diplomaten, die alle über sehr konkrete und spezifische Vietnam-Kenntnisse verfügen. Das Beste aber ist, als gemeinnütziger Verein stellt sie ihr Knowhow kostenfrei zur Verfügung, jeder, der sich mit Vietnam befassen möchte, kann sich an die DVG wenden.
Schon zu meiner Zeit als Gymnasiast und später als Student hat Asien eine große Anziehungskraft auf mich ausgeübt. In den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts hat der Krieg in Indochina meine politische Sozialisierung erheblich geprägt. An den Universitäten Freiburg und Cambridge habe ich für einige Zeit Japanologie studiert. Als jüngerer Diplomat war ich in Japan und dann als Gesandter-Botschaftsrat in China eingesetzt. Vietnam war von 2007-2011 der erste Botschafterposten. Ich hätte es nicht besser treffen können. Ein gastfreundliches Land, eine gegenüber Deutschland aufgeschlossene Bevölkerung und in allen Bereichen enge bilaterale Beziehungen. Nach Vietnam habe ich unser Land als Botschafter in Thailand und in Chile vertreten.
In einem Jahr, im Jahr 2025 steht das 50-jährige Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Vietna an. Die Regierungen beider Länder wollen dieses Datum nutzen, um der bilateralen Zusammenarbeit kräftige neue Impulse zu verleihen. Die DVG wird im Juni 2025 ein eintägiges Expertentreffen veranstalten, das sich mit Perspektiven der bilateralen Zusammenarbeit befassen soll. Wir möchten Anregungen für eine zukunftsweisende Umsetzung der Strategischen Partnerschaft geben. Wenn möglich, würden wir gerne ein weiteres Expertentreffen in Vietnam organisieren, vorzugsweise im Deutschen Haus in Ho-Chi-Minh-Stadt.
Darüber hinaus hat die DVG ein großes Interesse daran, die vietnamesische Gemeinschaft in Deutschland in die Aktivitäten des Jahres 2025 einzubinden. Wir denken an einen runden Tisch mit jungen Teilnehmern, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind und sich in beiden Ländern zu Hause fühlen.
Bei all dem dürfen wir nicht vergessen, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und Vietnam, wenn auch unter anderen Konstellationen, lange vor dem Jahre 1975 bestanden. So unterhielt die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen zur Republik Vietnam („Südvietnam“), die DDR zur Demokratischen Republik Vietnam („Nordvietnam“). Ein schönes Beispiel für Projekte, die die DDR initiiert hat und die noch heute Fortbestand haben, ist der Kaffeeanbau in Vietnam.
Die Entwicklung der beiderseitigen Beziehungen spiegelt sich in der Aufwertung der Zusammenarbeit zur Strategischen Partnerschaft durch die Hanoier Erklärung vom 11. Oktober 2011 wider.
In Vorbereitung auf den damaligen Vietnam-Besuch der Bundeskanzlerin war ich selbst für einige Zeit mit den Überlegungen zu dieser Strategischen Partnerschaft befasst. Ich erinnere mich, dass ich am Tag meiner Ausreise nach Thailand, wo ich Deutschland die darauffolgenden Jahre als Botschafter vertreten sollte (2011-2015), vormittags im Büro in Hanoi noch Fragen des Bundeskanzleramtes zur Ausgestaltung der Strategischen Partnerschaft beantwortete. Hinter dem Konzept der Strategischen Partnerschaft steht der Gedanke, dass man die bilateralen Beziehungen zu einzelnen für unsere Außenpolitik wichtigen Staaten außerhalb der NATO und EU auf eine neue Stufe anheben und dies auch nach außen sichtbar machen möchte. In Berlin ging man allerdings, zu Recht, sehr sparsam mit diesem diplomatischen Instrumentarium um. Man wollte und will vermeiden, dass es zu einer Proliferation solcher Absprachen kommt, was letztlich nur deren Wert schmälern würde.
In der sog. „Hanoier Erklärung“ finden sich Grundsätze der Zusammenarbeit in den verschiedensten Bereichen, von der politisch-strategischen Zusammenarbeit, bei Handel und Investitionen, bei der Zusammenarbeit auf den Gebieten der Justiz und des Rechts, der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit, beim Umweltschutz u.a.
Meine feste Überzeugung ist: wenn es die Strategische Partnerschaft zwischen Deutschland und Vietnam nicht gäbe, müsste man sie erfinden. Nicht nur bei Sonnenschein, auch bei Regen hat sie der bilateralen Zusammenarbeit Kontinuität und Struktur gegeben.
In einer immer enger vernetzten Welt, die auf Kooperation, Stabilität und Entwicklung angewiesen ist, teilen Deutschland und Vietnam das gemeinsame Interesse an der Förderung der regelbasierten Ordnung und der Achtung des internationalen Rechts, besonders dem Schutz von Menschenrechten und der Grundsätze von Souveränität und Rechtsstaatlichkeit, der Mechanismen und Institutionen zur friedlichen Streitbeilegung sowie des Multilateralismus, um regionale und globale Herausforderungen zu bewältigen. Deutschland und Vietnam befürworten regelbasierten Freihandel sowie eine Förderung der Kooperation im Bereich des Schiffs- und Flugverkehrs. Beide Länder streben eine Zusammenarbeit im Bereich der Abmilderung der Folgen des Klimawandels, des Umweltschutzes, des Erhalts der biologischen Vielfalt und der Umsetzung der VN-Nachhaltigkeitsziele an.
Politisch befindet sich Vietnam derzeit in einer Phase des Übergangs. Der kürzliche Tod des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Nguyen Phu Trong wird wichtige Personalentscheidungen an der Spitze des Landes zur Folge haben. Zentralkomitee und Politbüro sind keine monolithischen Blöcke. Innerhalb dieser Führungsgremien findet ein systemimmanenter Richtungswettbewerb statt. Man kann durchaus von einer kollektiven Führung sprechen. In China ist dies nicht mehr der Fall. Dort entscheidet allein Xi Jinping, wo es lang geht. Während meiner Zeit als Botschafter bin ich mit Nguyen Phu Trong verschiedentlich zusammengetroffen. Er war damals Vorsitzender der Nationalversammlung, also des Parlaments. Ich habe ihn als kundigen und überlegten Gesprächspartner kennen und schätzen gelernt. Zu seinem Nachfolger wurde Staatspräsident To Lam bestimmt. Er war von 2011 bis Mai 2024 Minister für öffentliche Sicherheit. Beobachter gehen davon aus, dass er die Doppelfunktion von Staatspräsident und KP-Generalsekretär nur bis zu einem größeren Revirement 2025 inne haben wird. In den westlichen Medien wird er als Hardliner beschrieben. Ich tue mich mit solchen plakativen Etikettierungen schwer. Aus meiner Sicht kann man ihn eher als Pragmatiker bezeichnen. Warten wir es ab. Die Zeit wird lehren, wie die weitere politische Ausrichtung Vietnams ausfällt.
In der Außenpolitik wird Vietnam sicherlich versuchen, seinen bisherigen Balanceakt zwischen den Großmächten fortzusetzen. Das Markenzeichen Vietnams ist die sog. „Bambus-Diplomatie“, die sich geschmeidig nach dem Wind richtet und auch in starken Stürmen nicht einknickt. Zu China ist das Verhältnis ambivalent. In der politischen Grundausrichtung steht man Peking nahe. Die Kommunistischen Parteien beider Länder sind eng vernetzt. Außenpolitisch kriselt es zwischen den beiden Nachbarn. Der Territorialkonflikt im Südchinesischen Meer wird mit erstaunlicher verbaler Härte ausgetragen. Das zunehmend aggressive maritime Auftreten Chinas wird in Hanoi mit Sorge verfolgt.
Hier muss ich Ihnen noch einen kleinen Exkurs zur politisch-geographischen Terminologie zumuten. In Vietnam spricht man nicht vom „Südchinesischen Meer“, sondern vom „Ostmeer“. Der Grund ist unmittelbar einsichtig. Man will in Hanoi bereits durch die Terminologie deutlich machen, dass der chinesische Territorialanspruch abgelehnt wird. Das geht so weit, dass man Reisenden am Flughafen Kartenmaterial abnimmt, wenn in diesem der Begriff „Südchinesisches Meer“ verwendet wird. Bei Reisen nach Vietnam ist also in dieser Hinsicht eine gewisse Vorsicht geboten. An dieser Stelle setze ich mich aber über alle Bedenken hinweg und bleibe bei der international geläufigen Terminologie.
Ende 2022 hat die deutsche Außenministerin zusammen mit ihren Kollegen der G-7 Staaten ihre ernsthafte Sorge über die Lage im Südchinesischen Meer sowie in den angrenzenden Regionen zum Ausdruck gebracht. Die Minister haben deutlich gemacht, dass sie jegliche Schritte, die zu einer Verschärfung der Spannungen führen und die regionale Stabilität und regelbasierte internationale Ordnung untergraben, entschieden ablehnen. Des Weiteren haben sie den universellen und einheitlichen Charakter des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen (UNCLOS) betont und die wichtige Rolle des Seerechtsübereinkommens bei der Festlegung des Rechtsrahmens, durch den alle Aktivitäten im Ozean und in den Meeren geregelt werden, bekräftigt.
Auch die internationalen Gerichte haben sich mit dieser Thematik befasst. Eine Entscheidung eines internationalen Schiedsgerichts vom 12. Juli 2016 stellt einen bedeutenden Meilenstein dar, sie ist für die Parteien rechtlich bindend und eine hilfreiche Grundlage für die friedliche Beilegung von Streitigkeiten. Das Urteil bekräftigt die Notwendigkeit, den in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegten Grundsatz zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten zu bewahren. Peking akzeptierte das Urteil von 2016 allerdings nicht.
Die Lage im Südchinesischen Meer beschäftigt auch die Bundesregierung. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat kürzlich die Indo-Pazifik-Region besucht und damit deren sicherheitspolitische Bedeutung für Deutschland und Europa unterstrichen.
Minsiter Pistorius wies darauf hin, dass sich Deutschland bewusst sei, dass die Anrainer des Südchinesischen Meeres besonders darauf angewiesen sind, dass sich auch die anderen an das Völkerrecht halten. China beanspruche völkerrechtswidrig fast das gesamte Südchinesische Meer für sich, durch das mehr als die Hälfte des weltweiten Schiffsverkehrs geht. China treibe Landaufschüttungen beziehungsweise Militärbasen auf den umstrittenen Spratly-Inseln voran.
Die Reise des Ministers bekräftigte vor allem eine Botschaft: Deutschland ist ein verlässlicher Partner, der für die Aufrechterhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung einsteht. Die Haltung der Bundesregierung ist klar: das Südchinesische Meer ist eine internationale Wasserstraße, auf die keine Nation, auch China nicht, exklusive territoriale Ansprüche erheben kann. Als Exportland haben wir ein vitales Interesse an der Gewährleistung der freien Seeschifffahrt, auch im Südchinesischen Meer.
China ist ein großer Nachbar und wichtigster Handelspartner Vietnams und der übrigen Anrainerstaaten des Südchinesischem Meeres. Allerdings haben diese Staaten mit dem Eingriff Chinas in ihre Souveränitätsrechte im Südchinesischen Meer, das reich an Bodenschätzen und Fischgründen ist, zu kämpfen. Gefährliche chinesische Provokationen und Zwischenfälle bringen die internationale Ordnung im Indo-Pazifik zunehmend unter Druck. Im März sind beispielsweise philippinische und chinesische Schiffe zusammengestoßen.
Neben China beanspruchen die Philippinen, Vietnam, Malaysia, Taiwan und Brunei Gebiete im Südchinesischen Meer. Um die Territorialstreitigkeiten zu regeln, strebt die ASEAN-Staatengruppe einen Code of Conduct, einen Verhaltenskodex, an.
Anfang September hat auch die deutsche Marine im Südchinesischen Meer Präsenz gezeigt. Neben Hafenbesuchen bei den Partnern engagierte sie sich mit der Fregatte „Baden-Württemberg“ und dem Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ an multinationalen Marinemanövern mit einem oder mehreren Partnerländern.
Zu Russland unterhält Vietnam traditionell enge Beziehungen. Man hat Russland bis heute die massive militärische Unterstützung während des Krieges nicht vergessen. Auch heute noch ist Russland ein wichtiger Waffenlieferant. Vietnam hält sich deswegen mit Kritik an Moskau wegen des Ukrainekrieges zurück. Mancher im Westen, mancher auch in Deutschland hätte sich da eine deutlichere Positionierung Vietnams gegen den Aggressor erwünscht. Das Nachbarland Kambodscha hat es vorgemacht. Mutig hat Phnom Penh in der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York die einschlägigen Resolutionen unterstützt, mit denen der russische Angriffskrieg verurteilt worden ist. In Berlin hat man auch sehr wohl zur Kenntnis genommen, dass kurz nach dem Besuch des Bundespräsidenten der russische Staatspräsident Putin zu einer offiziellen Visite in Vietnam weilte. Honi soit qui mal y pense.
Erstaunlich pragmatisch entwickelt sich das Verhältnis zu den USA. Im öffentlichen Diskurs spielen die traumatischen Kriegserfahrungen kaum mehr eine Rolle. Die überwiegend junge Bevölkerung des Landes verbindet mit dem Krieg keine persönlichen Erinnerungen mehr. Ganz im Gegenteil: auch in Vietnam sind die USA für viele junge Menschen ein Vorbild, an dem man sich orientiert.
Insgesamt blickt man in Vietnam zuversichtlich in die Zukunft. Fast scheint es, als hätten die Menschen für sich einen Lebensentwurf gefunden, der dem unsrigen nicht ganz unähnlich ist: auskömmliche finanzielle Lebensbedingungen, gute Ausbildung der Kinder, hin und wieder eine Ferienreise, Grundbesitz, der Besitz eines Autos.
In den letzten 30 Jahren hat sich Vietnam als eine der aufstrebenden Volkswirtschaften der Welt etabliert. Dr. Andreas Stoffers, einer der besten Vietnam-Kenner weltweit, schreibt in einer der letzten Ausgaben der „Vietnam Investment Review“: „In den letzten Jahrzehnten ist das Land wie ein Phönix aus der Asche auferstanden. Nach Ende des Krieges 1975 befand sich das Land in einer verzweifelten Lage. Heute trifft man auf Wachstum und Optimismus, von der Grenze zu China im Norden bis in den Süden. Vietnam hat große Ambitionen. Bis 2045 will das Land zur Gruppe der Industriestaaten stoßen“. Ich teile die Analyse von Dr. Stoffers. Das Land befindet sich in der hochattraktiven asiatischen Wachstumsregion. In dieser asiatisch-pazifischen Region fungiert Vietnam in gewisser Weise als Bindeglied zwischen Nord und Süd. Die Lage des Landes ist ein wichtiger Vorteil für Unternehmen, die in die asiatischen Märkte expandieren möchten.
Seit Mitte der 80er Jahre und seit Beginn der marktwirtschaftlichen Reformen („Doi Moi“-Politik) hat das südostasiatische Land beachtliche wirtschaftliche Erfolge erzielt. Der soziale Fortschritt ist mit Händen zu greifen. Aufbruchsstimmung hat das Land erfasst. Privatwirtschaftliche Aktivitäten nehmen rasant zu. In den urbanen Ballungsgebieten hat es ein großer Teil der Bevölkerung zu bescheidenem Wohlstand gebracht, auch in den agrarischen Landesteilen hat Vietnam bei der Umsetzung der so genannten Millenniumsziele der Vereinten Nationen große Fortschritte gemacht (Armutsbekämpfung, gesundheitliche Grundversorgung, Schulbildung). Das Land ist der Welthandelsorganisation WTO beigetreten und schickt sich an, zu den südostasiatischen Tigerstaaten aufzuschließen. Aus dem ehemaligen Entwicklungsland ist ein sog. “middle income country” geworden, das mit 100,3 Mio. Menschen und einem Pro-Kopf-Einkommen von über 2.000 Euro für eine unvergleichliche Dynamik steht. Was beeindruckt, ist der Fleiß der Menschen.
Mit einem stabilen politischen Umfeld, einer jungen und zunehmend qualifizierten Bevölkerung sowie einer wachsenden Mittelschicht bietet Vietnam ideale Bedingungen für nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Vietnam ist nicht nur ein attraktiver Produktionsstandort, sondern auch ein wachsender Absatzmarkt. Alle Welt spricht heute von „China plus one“, also von der Erfordernis, zusätzlich zu den Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu China enge Kontakte zu weiteren Staaten Asiens zu etablieren. Im Verständnis Vieler ist gerade Vietnam eine solche zusätzliche Option.
Ein Abkommen über Freihandel und Investitionsschutz zwischen der Europäischen Union und Vietnam wurde 2019 unterzeichnet. Zahlreiche weitere Freihandelsabkommen erleichtern den Marktzugang und schaffen attraktive Rahmenbedingungen. Auch deutsche Firmen profitieren hiervon. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern sind eine wahre Erfolgsgeschichte. Nahezu 400 deutsche Unternehmen sind in Vietnam tätig, die deutschen Direktinvestitionen belaufen sich auf knapp 3 Milliarden Dollar. Fast 50.000 Arbeitsplätze wurden von deutschen Unternehmen in Vietnam geschaffen.
Besonders in den Bereichen Maschinenbau, Automobilindustrie, erneuerbare Energien und Digitalisierung bestehen für deutsche Unternehmen in Vietnam vielfältige Geschäftsmöglichkeiten. Deutschland ist innerhalb der Europäischen Union der mit Abstand der wichtigste Handelspartner Vietnams. Im Jahr 2022 belief sich der bilaterale Handel auf fast 20 Milliarden Dollar.
Dies hat sein Gegenstück in der Tatsache, dass Vietnam unter den ASEAN-Staaten Deutschlands größter Handelspartner ist. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit ist keine Einbahnstraße mehr. Auf der Berliner Friedrichstraße werden Besucher heute einen modernen Show Room des vietnamesischen Automobilherstellers Vinfast entdecken, der sehr attraktive E-Autos herstellt. Wie man hört, verkaufen sich Vinfast-Fahrzeuge in den USA bereits ganz ordentlich; jetzt will man wohl auch den europäischen Markt erschließen.
Ich bin sicher, dass die bilaterale Zusammenarbeit große Perspektiven besitzt. Dies setzt allerdings voraus, dass man sich mit Respekt und auf Augenhöhe begegnet. Besserwisserei der einen wie der anderen Seite ist fehl am Platze. Die über 100.000 Vietnamesinnen und Vietnamesen, die in Deutschland leben, bilden eine einzigartige Brücke zwischen beiden Ländern. Sie tragen zu einem besseren gegenseitigen Verständnis bei.
Alles in allem habe ich in Vietnam gelernt: es lohnt sich, die Ärmel hochzukrempeln und die Dinge anzupacken. Aus nichts, wird nichts! Was die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Vietnam angeht bin ich optimistisch. Wir haben längst noch nicht das gesamte Potenzial der Kooperation ausgeschöpft.
Dr. h.c. Rolf Schulze
Botschafter a.D.
Vorstand der DVG e.V.
Beirat der Asienbrücke e.V.